Die Vorbereitung und Durchführung einer so großen Prozession mit tausenden Teilnehmern bedarf einer langjährig eingeübt Ordnung und vieler Mithelfer.
So sind es ungefähr 30 – 40 Ordner, die benötigt werden, und ganz wichtig und von großer Bedeutung die etwa 70 Träger, die beim Tragen der einzelnen Figuren Hand anlegen müssen sowie die sogenannten Knüppeljungen (sie tragen die Haltestützen für die Gestelle = “Knüppel” für die 5 Haltepunkte).
Einige langjährige Traditionen, wo die Aufgabe des Figurentragens schon vom Großvater auf den Vater und vom Vater auf den Sohn weiter vererbt wurde – dies belegt, dass es für alle eine große Ehre ist, hier zur höheren Ehre Gottes mitwirken zu dürfen.
Nicht zu vergessen ist auch die Gruppe der Paramentenfrauen, die über das Jahr die Gewänder bei den einzelnen Figuren überprüft und pflegt und die Gruppe, der die Montage und liebevolle Ausschmückung der einzelnen Figuren obliegt. In der Gegenwart geleitet von Uwe Kunze aus Heiligenstadt.
In der Woche vor Palmsonntag werden die Tragegestelle werden von ihrem Aufbewahrungsort im an die Marienkirche angrenzenden ehemaligen Jesuitenkolleg überprüft und für die Prozession hergerichtet. Nach ihrem Transport auf das Pfarrgelände St. Marien / Gemeindehaus erfolgt die Montage der vier aus einzelnen Teilen bestehenden figürlichen Darstellungen, das Schmücken sowie das Anlegen und Vorbereiten der Gewänder.
Das Kreuz wird an gleicher Stelle im Raum am Jesuitenkolleg neben der St. Marienkirche mit einer dort separat eingerichteten Vertiefung im Boden an einer entsprechenden Wand befestigt dort über das Jahr aufbewahrt.
Es wird erst unmittelbar vor der Prozession von der Trägergruppe aus Westhausen von dort vor das Hauptportal der Kirche St. Marien hervorgeholt, um dann seinen Weg zum Prozessionsstandort an der Ecke ehemaliges Brauhaus zu beginnen.
Das Tragen der Figuren ist eine sehr anspruchsvolle und anstrengende Aufgabe, denn es gilt den etwa 1,7 km langen Prozessionsweg zu bewältigen. Damit dies möglich ist, sind an genau festgelegten insgesamt fünf Punkten Haltestellen angeordnet, an dem die Prozession für einige Minuten verharrt, damit sich die Träger für das nächste Wegstück erholen können.
Wie zu allen Zeiten, tragen die Träger schwarzen Anzug und Zylinder sowie weiße Handschuhe – auch hier eine sehr alte Tradition und unabhängig vom Wetter. Das kann natürlich weitere Anstrengung bei Wind oder starker Sonne, Schnee, Frost oder starkem Regen bedeuten – all dies, gilt es zu meistern.
Vor wenigen Jahren, 2018, wurden auch die Gewichte der einzelnen Figuren neu ermittelt. So wiegt das Abendmahl etwa 85 kg, der Ölberg mit seinem Schmuck schon 265 kg. Die Pietà mit ihren zehn Trägern wurde mit 180 kg ermittelt.
Das Heilige Grab schließlich mit 320 kg hat das größte Gewicht und wird seit einigen Jahren neu von Rittern vom Heiligen Grab zu Jerusalem sowie traditionell von Heiligenstädter Abiturienten mit Fackeln begleitet. Paarweise müssen die Träger etwa gleich groß sein, damit die jeweilige Figur nicht ins Wanken gerät. Und zu jeder Station gibt es einen sogenannten Stationsführer sowie mindestens einen zugeordneten Ordner.
Eine der am schwierigsten zu tragenden Figuren ist jedoch das Kreuz, das den Korpus Jesu Christi auf einem Kastenkreuz an Tragestangen befestigt trägt.
Hier ist großes Geschick und große Erfahrung beim Tragen notwendig.
Seit 1943 wird diese schwierige Aufgabe von Westhäuser Männern übernommen, da wegen des Männermangels durch den II. Weltkrieg auf Bitten des seinerzeitigens Propstes Adolph Bolte (1903-1974), später Bischof zu Fulda, der Dienst übernommen wurde, und diese Aufgabe wurde bis in die Gegenwart zu beibehalten.
Damit die Prozession so also reibungslos verlaufen kann, gibt es in der Gruppe der Ordner eine seit vielen Jahrzehnten bewährte Palmsonntagsordnung.
Zugleich lädt der jeweilige Pfarrer von Sankt Marien etwa 14 Tage vor dem Palmsonntag die Ordner zu einer Ordnerbesprechung für den Palmsonntag in das Gemeindehaus St. Marien ein.
Albert Heinevetter (1930-2016), Vater des Autors, hatte seit Mitte der 1950-er Jahre bis zum Jahr 2010 hier das Ordneramt inne und sorgte sich mit um die sogenannte “Prozessionsordnung” als schriftlich fixierte Ablauf-Niederschrift – hier die schriftliche Aufstellung aus dem Jahr 2010:
Auch das Liedgut ist sehr alt, und wird in hin und wieder neu aufgelegten Prozessionlieder-Heftchen, die nur für diese Prozession zusammengestellt wurden, bewahrt und traditionell begleitet von vier Musikkapellen (Blaskapellen).
Zudem sind in der Prozessionsordnung zu jedem der sechs Bilder genau die Ordner zugeteilt, in der Regel 2-4 Ordner pro Prozessionsbild. Auch die Musikkapellen haben mindestens je einen zuständigen Ordner zugeteilt, auch der genaue Standort der Musikkapellen am Prozessionsbeginn ist exakt festgelegt, nämlich am Heimenstein nach dem Abendmahlbild, an der Oberen Altstadt Nummer 15, vor dem Kreuz an der Ecke ehemaliges Brauhaus und zuletzt in der Lindenallee vor dem Propstei-Haus Lindenallee 44.
Auch sind die Zuständigkeiten der je 2-4 Ordner festgelegt für die Kollekte am Schluss der Prozession bzw. der Andacht am Fuchswinkel, in der Oberen Altstadt, an der Ratsgasse und am Lorenz-Kellner-Denkmal.
Nicht vergessen werden dürfen auch die Aufgaben der Bereitstellung des Löschwassers für die Fackeln, der Ordnung im Altarraum, der Ordnung an der Wilhelmstraße, der gesamten Einordnung von Bildern und Musik und je nach Möglichkeit auch des Zählers der Prozessionsteilnehmer.
Dieses Amt wurde auf Bitten des seinerzeitigen Propstes Paul-Julius Kockelmann in der 1980-Jahren ebenfalls von der Familie Heinevetter übernommen und bis 2010, solange es die Örtlichkeiten zuließen, von Gerhard Heinevetter ausgeführt.
Eine auszugsweise tabellarische Aufstellung der Teilnehmerzahlen findet man hier (Quelle: Familienarchiv Heinevetter / Kirchenchronik St. Marien)
Jahr | Zähler | Teilnehmer | Zählort | ||
1991 | Gerhard & Matthias Heinevetter | 5.906 | GÖ-Str. | ||
1995 | Gerhard & Matthias Heinevetter | 7.612 | GÖ-Str. | ||
1996 | Gerhard & Matthias Heinevetter | 7.193 | GÖ-Str. | ||
1997 | Gerhard & Matthias Heinevetter | 4.959 | GÖ-Str. | ||
08.04.2001 | Gerhard & Matthias Heinevetter | 5.498 | GÖ-Str. | ||
2002 | Gerhard Heinevetter | 5.500 | GÖ-Str. | ||
2003 | Gerhard Heinevetter | 7.247 | GÖ-Str. | ||
04.04.2004 | Gerhard Heinevetter | 6.282 | GÖ-Str. | ||
01.04.2007 | Gerhard Heinevetter | 5.444 | GÖ-Str. | ||
2008 | mdr | 4.700 | – | ||
05.04.2009 | Gerhard Heinevetter | 4.932 | GÖ-Str. | ||
29.03.2015 | Matthias Heinevetter | 5.000 | Lindenallee – Altarraum | ||
20.03.2016 | Matthias Heinevetter | 5.000 | Lindenallee – Altarraum | ||
09.04.2017 | -Medien – | 10.000 | Lindenallee / incl. Wilhelmstraße | ||
25.03.2018 | Matthias Heinevetter | 5.500 | Lindenallee – Altarraum | ||
14.04.2019 | Matthias Heinevetter | 4.000 | Lindenallee – Altarraum | ||
05.04.2020 | – | 0 | AUSFALL - Corona-Pandemie | ||
2021 | - | 0 | AUSFALL - dto. / nur Bildstationen im Bereich der Altstadt | ||
2022 | Medien | 1.500 | - (stark eingeschränkt noch Corona / Masken etc.) | ||
2023 | Matthias Heinevetter / Bernadette Heinevetter | 4.800 | Lindenallee – Altarraum | ||
2024 | Matthias Heinevetter / Christoph Huschenbett | 3.250 | Lindenallee – Altarraum |
Die Prozession schließt mit der traditionellen Schlussandacht gegen 15:15 Uhr im Bereich der Oberen Lindenallee zwischen Haus Herrenschmiede Lindenallee 27, Siedlungswerk Lindenallee Nummer 37 und Propsteipfarramt Lindenallee Nummer 44.